Dissertationsprojekt
In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit der Frage, inwiefern Figuren, die in neutestamentlichen Erzähltexten als von Dämonen besessen beschrieben werden, sowie Jesus als Exorzist mithilfe der Reflexionsperspektive der Dis/ability Studies betrachtet werden können. Ziel ist es, durch die Analyse von (historischen) Wahrnehmungsprozessen von physischer, psychischer oder mentaler „Andersheit“ Auskünfte darüber zu erlangen, was das im frühen Christentum dominante gesellschaftliche Wertesystem sich unter einem „gesunden“, „normalen“ und „funktionierenden“ Körper vorgestellt hat. Die Texte über Dämonenbesessenheit eignen sich gerade deshalb sehr gut für eine Verknüpfung mit den Dis/abilty Studies, weil unter dem „Deckmantel“ der Besessenheit unterschiedliche körperliche Phänomene und deren soziale Wahrnehmung versammelt sind: Von Stummheit (Mk 9,17 par) zum Schreien (Mk 2,23 par), von physischen Beeinträchtigungen (Lk 11,14) zur Bettlägerigkeit (Mk 7,30), aber auch als diffamierende Zuschreibung, wie in der Beelzebul Kontroverse (Mk 3,22 par), reichen die Erwähnungen von Besessenheit. Es ist gerade diese Kontingenz der Zuschreibung von „Andersheit“ im Rahmen von Besessenheitsphänomenen, die meine exegetische Arbeit an die kulturwissenschaftlich orientierten Dis/ability Studies anschlussfähig macht.